Farben

Die Farben der Abessinierkatze und deren Ursprung

- eine Zusammenfassung von historischen Recherchen -

Abessinier gibt es in einer überschaubaren Farbpalette, was die Rasse neben den bekannten Eigenschaften wieder zu etwas Besonderem macht. Viele andere Rassen gibt es in unerdenklich vielen Farbvarietäten und man muss sich fragen, ob es wirklich notwendig ist, jede Rasse in jeder Farbe züchten zu müssen? Aber das ist wieder ein anderes Thema.

Die traditionellen Farben der Abessinier beschränken sich auf 4 Varietäten: wildfarben (ruddy) , sorrel (red), blau (blue) und fawn (fawn), die in allen Verbänden weltweit anerkannt sind. Die Farben blau und fawn sind die genetisch 'verdünnte' Varietät von wildfarben bzw. sorrel. In der Fife (internationale Dachorganisation) sind zusätzlich noch die Silbervarietäten anerkannt, und werden folgendermassen genannt: schwarz-silber (ruddy-silver), sorrel-silber (red-silver), blau-silber (blue-silver) und fawn-silber. Alle weiteren Farben, die in eher jüngerer Vergangenheit durch andere Rassen eingekreuzt wurden, sind nur in einzelnen freien Verbänden anerkannt und damit in der Minderheit. Eigentlich haben sie mit dem Ursprung der Abessinier nichts mehr gemeinsam und sind in den anderen Verbänden nicht für die Zucht zugelassen. Hierbei handelt es sich um die Farbschläge tortie, geschlechtsgebundenes rot, creme, lilac und chocolate, nur um die Vollständigkeit zu wahren.

Im Abessinier-Standard werden die einzelnen (ursprünglichen) Farbschläge genau beschrieben. Sie finden den Fife-Standard als auch den CFA-Standard auf den hier verlinkten Seiten. Eine weitere Erläuterung mit einer Abbildung der vier Ursprungsfarben finden Sie auf der 'Abyssinian Homepage'. Dort ist auch eine Gentik-Tabelle zu finden, aus welchen Kombinationen der vier Farben theoretisch welche Farben entstehen könnten (rein statistisch betrachtet).

Das Besondere am Fell der Abessinier ist das 'Ticking', das bedeutet eine Mehrfachbänderung jeden einzelnen Haares. Jedes Haar sieht also geringelt aus, immer abwechselnd in der Grundfarbe - an der Wurzel beginnend - und einer dunkleren Unterbrechung, also der "Ticking-Farbe", mit der das Haar auch endet. Diese Bänderung lässt z.B. das Fell der wildfarbenen Abessinier wie ein Hasenfell aussehen, sodass sie in ihren Anfängen Anfang des 19. Jahrhunderts auch 'Bunny-Cat' genannt wurde.

Genetisch gesehen sind die Abessinier Tabbykatzen, also sogenannte "Agouti"-Katzen, die eigentlich eher als gestreift oder gestromt bekannt sind. Das Agouti-Gen ist das Gen, welches bewirkt, daß die in jeder Katze vorhandenen Tabby-Gene auch zur Ausprägung kommen können, gleichzeitig unterdrückt das Ticked-Tabby-Gen aber die Streifung oder Stromung, die zu den bekannten Tabby-Mustern (Streifung, Stromung, Marmorierung) führen und damit die Musterungsverursachenden durchgefärbten Haare fehlen lassen. Tabby-Katzen haben ein umgekehrtes 'M' auf der Stirn, eine ziegelrote Nase mit einer Umrandung in der Farbe des Tickings.

Zusätzlich zu einem kontrastreichem Ticking ist in jeder Farbe ein warmer bis glühender Grundfarbton erwünscht, der bei den klassischen Farben genetisch betrachtet auf einem starken 'Rufismus' basiert, einem Farbeffekt im Fell, der durch Polygene hervorgerufen wird und eine rötliche Verfärbung bewirkt. So sehr dieser warme Grundton bei klassischen Farben gewünscht ist, so ist der bei den Silber-Varietäten, deren Grundfarbe klares reinweiß sein soll, unerwünscht.

 

Historische Entstehungsgeschichten der Farben


Mich hat bereits in meinen Zuchtanfängen interessiert, woher die heute bekannten Farben kommen und wie konnten sie überhaupt entstehen, gab es die Abessinier in ihrem Ursprung ja lediglich in wildfarben. Auf Nachfragen bei langjährigen Züchtern hörte ich allerdings unterschiedliche Theorien. So nahm ich meine inzwischen umfangreiche Literatursammlung, die mir bei meinen Recherchen Unterstützung bot, um eine Zusammenfassung der bisherigen Erkenntnisse einiger frühen Autoren zu diesem Thema zu erstellen.

Die Entstehung der unterschiedlichen Farben bei den Abessiniern sollte meiner Meinung nach in zwei Gruppen eingeteilt werden. Einerseits die echten „Foundation-Katzen“, aus denen eher zufällig zuerst die Farben sorrel, blue und fawn entstanden sind. Zu den Foundations zählen auch die damaligen Erhaltungskreuzungen mit einem ähnlichen Phänotyp aber unbekannter Herkunft, damit die Rasse in den verschiedenen Zeitabschnitten unter teils sehr ungünstigen Bedingungen fortgeführt werden konnte bevor sie als Rasse ganz verschwinden würde. Die andere Gruppe beinhaltet die übrigen Farben, die erst viel später durch bewusste Einkreuzung von Fremdrassen entstanden sind, um gezielt neue Farben zu kreieren. Obwohl die Farbe Silber bereits gehäuft in den frühen Foundations vorkam, musste sie später nochmals gezielt eingekreuzt werden, da sich Silber nicht rezessiv (verdeckt) verhält sondern nur dominant vererbt wird.

Ob die damaligen Aufzeichnungen und Registrierungen der jeweiligen Züchter und Vereine alle korrekt erfolgt sind, kann hier nicht mit Sicherheit gesagt werden und auch nicht ob Kreuzungen ohne Dokumentationen unerkannt erfolgt sind. Gehen wir also zunächst einmal von der Richtigkeit und den logischen Schlussfolgerungen der zahlreichen niedergeschriebenen Erkenntnissen aus, die bereits ambitionierte Züchter lange vor unserer Zeit mühevoll recherchiert und analysiert haben (und dies alles übrigens ohne Internet!!).

Zur Hilfestellung der Zusammenfassung wurden zuvor einige Stammbaum-Stichproben (Quelle: Abyssinian Homepage, Christine Rüssheim, Schweiz) als auch Literaturaufzeichnungen und die darin beschriebenen, verschiedenen und verdeckten Genträger nach den einzelnen Farben aufgeteilt, deren Zusammenstellung jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Auch weitere Einkreuzungen mit fremden Rassen sind entweder nicht aufgezeichnet oder hierbei nicht gefunden worden.

Im Anschluss folgen die inhaltlichen Auszüge aus den Recherchen der jeweils genannten Autoren um die Entwicklung und Entdeckung der Farben näher zu schildern. Mein grosser Dank gilt den frühen Züchtern, die über diese äusserst interessanten Recherchen berichtet haben.

FOUNDATIONS (sorrel, blue, fawn):
1: siehe nachfolgende Auszüge von George Kennedy (AUS, Nile Cattery)
2: 1936 Siames sealpoint „Miss Melodious Venture“, sowie Siamese bluepoint
3: 1938 eine unregistrierte ticked Shorthair
4: Anfang 40er Jahre, sealpoint Siamese “Dreamland Peter”
5: Ende der 50er Jahre von den Philippinen "Pilo“ und "Mischa“ (von Manila) mit unbekannten Eltern bzw. wildlebende ticked Katzen
6: 1960 eine afrikanische Wildkatze aus Äthiopien, sowie eine falbähnliche Katze aus Ostafrika
7: Mitte der 60er Jahre eine unregistrierte „blue Tabby“, Eltern unbekannt
8: Ende der 60er Jahre Siamesen in lilac und chocolate point
9: 1977 wildfarbener Siamesen Hybrid (point-Träger)

SILVER:
1: Anfang 50er Jahre, BKH black-silver-spotted, BKH silver-spotted
2: Ende 50er Jahre, BKH silver-blotched-tabby
3: Ende 60er/Anfang 70er Jahre, OKH lilac und chocolate, OKH lilac-spotted-ticked, Siamese blue
4: Ende 70er Jahre, Hybrid, unregistrierte Shorthair, OKH lilac ticked, OKH chocolate-spotted, Siamese seal-tabby-point
5: 1969 Perser Chinchilla
6: 1971 EKH Chinchilla
7: 1984 BKH Chinchilla (über Perser-Vorfahren)
8: Mitte 80er Jahre, Hybrid Shorthair in creme-smoke, damit auch genetisch rot enthalten und Verursacher für „tortie“

TORTIE:
1: Ende 70er Jahre, Burmese brown-tortie, entstanden aus chocolate, creme und blue Burmesen
2: Anfang 80er Jahre, sex-link-red (genetisch rot) Shorthair/Hybrid
3: 1993 chocolate Burmese
4: Ende 90er Jahre, Hybrid blue-creme-sex-link-red-silver

GENETISCH ROT:
1: wurde in Stb. oft auch nur als „andere Kurzhaar“ oder „unbekannt“ ausgewiesen
Bei den Abys auch schwer zu unterscheiden von den sorrel-Abys, wenn rezessive (verdeckte)
Trägerschaften für sorrel vorhanden sind.

 

Farbrecherchen der frühen Abessinier-Züchter


George Kennedy (Cattery Nile Abyssinian in Australien) züchtet bereits seit 1976 Abessinier und hat in den siebziger Jahren bereits umfangreiche Recherchen zu den geheimnisvollen Ursprüngen der blauen Abys – also der „Verdünnung“ von wildfarben angestellt. In einem früheren RAS-Journal aus 04/1997 wurde sein Beitrag dazu veröffentlicht, aus dem ich hier nur die wesentlichen Punkte zitieren möchte, da es sonst den Rahmen hier sprengen würde. Gleiches gilt auch für andere Autoren, die im Folgenden noch zitiert werden.

George Kennedy fand also heraus, dass der vermutlich erste nachgewiesene Verdünnungsträger für die genetische Farbe blau der wildfarbene Abessinierkater „Raby Ashanto“ (1942) war. Zu seinen Vorfahren gehören u.a. auch „Aluminium Silver“ (1905) und Fancy Free Silver (1903) sowie weitere der Foundationkatzen. Im Jahre 1950 wurden weitere blaue Nachfahren geboren aus den bis dahin nur „normalen“ wildfarbenen Verpaarungen. Mitte der 50er Jahre hatten auch die beiden Kater „Nigella Kym“ (1953) und „Nigella Kaima“ blauen Nachwuchs. „Nigella Kaima“ (1953) produzierte 1960 einen damals interessanten Wurf, indem nicht nur blaue, rote (sorrel) sondern auch beigefarbene (später als fawn bezeichnet) Kitten fielen.
Zu dieser Zeit jedoch wurde alles kastriert, verschenkt oder verschwiegen, was nicht normalfarben, also wildfarben, war. Dazu gehörten bis dahin auch die roten (sorrel) Abessinier! Ein Sohn von „Nigella Kym“ zeugte weitere blaue und beige(fawn)farbene Nachfahren, wobei sich in diesen Stammbäumen die Vorfahren bereits teils mehrfach wiederholten. Anfang der 60er Jahre produzierten auch zahlreiche weitere Tiere aus anderen Linien blauen Nachwuchs, die alle auf die Foundations von 1905 zurückgingen.
George Kennedy fand im Stammbaum von „Raby Ashanto“ diverse „nicht-Abessinier“ aus dem Jahre 1920, ebenso 1950 eine nichtregistrierte Siam sowie eine weitere Katze, deren Namen und deren Eltern unbekannt waren. Bei den roten (sorrel) Abys konnte er ohne Ausnahme alle auf zwei bekannte Hybriden „Pharoh“ (1930) und „Ras Brouk“ (1930) zurückverfolgen.
Damit wird offensichtlich, dass sich rezessive (verdeckte) Gene über viele Generationen - ja sogar über Jahrzehnte - halten können, um Generationen später doch wieder zum Vorschein zu kommen.

Auch weitere Autoren berichten über die Einkreuzung von Foundations, deren verdeckte Genetik nicht zu erkennen war. In der Stammesgeschichte der Abys „Journey from the blue Nile“ (1966, published by United Abyssinian Club Inc.) wird berichtet, dass 1960 eine afrikanische Wildkatze, welche dem Standard annähernd entsprach, aus Äthiopien in die Staaten gelangte.


Evelyn Liebhardt (Cattery Malepartus) schreibt 1980 in „Die Abessinier-Katzengeschichte“, dass bereits 1930 „Ras Tafari“ als erster „melierter Nubier“ (früherer Name der Abessinier) registriert wurde. Sie erwähnt ebenfalls zwei falbähnliche Katzen, die von den Philippinen Importiert wurden. Dabei handelte es sich um die wildlebende Tickingkatzen „Pilo“ und seine Mutter „Mischa“ von Manila. Auch „Luchs“ ein falbähnliches Geblüt sei als Import aus Ostafrika gekommen. E. Liebhardt stösst bei Recherchen des Stammbaumes ihres eigenen wildfarbenen Abykaters „Nubi“ (Silver v. Wöhrdersee) mütterlicherseits auf eine englische Linie aus den 40er Jahren mit einem sealpoint Siamesen, welcher den wohl bekanntesten historischen Namen in der Abessinierzucht trägt, „Dreamland Peter“. Ausserdem fand sie eine weitere Siamesin „Miss Melodious Venture“, deren Eltern jedoch unbekannt und nicht registriert waren. Ein Sohn von „Dreamland Peter“ wurde als „wildfarbene Tickingkatze“ vielfach als Deckkater eingesetzt. Die Tochter daraus wiederum eine „wildfarbene Tickingkatze“ trug von beiden Elternteilen Siamblut sowie den Rotfaktor. Daraus sind später auch die ersten roten (sorrel) Abys hervorgegangen. Weiterhin schreibt E.Liebhardt, dass durch die Verluste der beiden Weltkriege die damaligen Züchter alles unternommen haben um den Bestand der Abys zu erhalten und dafür tolerant gegenüber der Einkreuzung von unregistrierten Agoutikatzen, Tabby-Hauskatzen, vielleicht auch Wildkatzenblendlingen, sowie schwarze und blaue Europäer waren.

Mrs. Rosemond Peltz schreibt im CFA Jahrbuch 1972, dass die Aby bereits Mitte des 19. Jahrhunderts nach England kam. In diesem Zusammenhang ist immer wieder die Rede von „Zula“, die 1868 nach England gebracht wurde. Weitere Quellen sagen, der Ursprung sei überall dort, wo eine „getickte Katze“ zu finden war. Vornehmlich waren diese wildlebend und im asiatischen Raum angesiedelt, teils wurden sie vereinzelt auch in Afrika gesichtet.
Herausgezüchtet wurde die Abessinier zweifelsohne in England mit den bereits vorgenannten und teils auch unbekannten Tieren, als auch den silbernen Foundations (Aluminium, 1905). 1896 wurden im Zuchtbucht des „National Cat Club“ die ersten Abys registriert. Zwischen 1900 und 1905 sollen im dortigen Zuchtbuch 12 Abys eingetragen sein. In den 30er Jahren gingen auch die ersten Abys in die USA, und in England waren durch den 2. Weltkrieg nur noch 12 Abys übrig.

Durch die ambitionierte Pionierarbeit von Dorothy Winsor wurden 1960 in England die roten (sorrel) Abys sehr beliebt, sodass diese 1963 erstmals offiziell anerkannt wurden.
Ebenso verhält es sich mit den Langhaarigen. 1976 analysierte Mr. Pellegrino die Stammbäume der Somalis und wurde in seiner Vermutung bestärkt, das ein einziger Aby „Raby Chuffa“ (1952) der Stammvater der langhaarigen Abys sei, den heutigen Somalis.

Zeitliche Zusammenfassung (u.a. entnommen aus dem RAS-Journal 03/2006) :
1882 wird die Abessinier in wildfarben in England als Rasse anerkannt
1901 wird die erste Aby registriert
1907 gelangt die erste Aby in die Staaten
1939 Ausbruch des 2 Weltkrieges, viele Abys werden kastriert oder sterben. Einige werden zur Bestandssicherung in die Staaten exportiert
1961 spezialisiert sich D. Windsor in England auf die roten (sorrel) Abys
1963 Anerkennung der roten (sorrel) in England
1964 Anerkennung der roten (sorrel) in CFA, obwohl diese bereits seit 1957 gezeigt werden.
1968 wird die erste blaue Aby auf einer Show in England gezeigt.
1970 erneuter Rückschlag für die Abyzucht, durch den Leukoseausbruch, für den es seinerzeit noch keinen Impfstoff gab. Viele Abys sterben an der Infektion
1972 wird der erste langhaarige Wurf in den USA geboren
1973 erste blaue Somali in USA
1979 Anerkennung der silbernen Abys in England
1983 Anerkennung der silbernen Abys + Somalis in der FIFe
1985 Anerkennung der blauen Abys in England und CFA
1989 Anerkennung der fawn Abys in CFA
1992 Anerkennung der fawn Abys in England

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass durch die enthusiastische Pionierarbeit der damaligen Züchter, vorwiegend in England, jedoch auch in anderen europäischen und skandinavischen Ländern, sowie später den USA, Australien und Neuseeland, die Abessinier trotz wiederholter Rückschläge zu Lasten der Population, auf eine mehr als 100-jährige Geschichte zurückblicken kann.
Experimentierfreudige Züchter kreuzen noch heute Fremdrassen für allerlei Farben in die Abys ein, obwohl fast alle Zuchtbücher für Fremdrasse-Einkreuzungen geschlossen sind. Aber braucht die Aby das wirklich?

Historische Fotogalerien und Berichte

Antiquarische Literatur:
Entsprechende Literaturempfehlungen zur Historie der Aby finden Sie zahlreich auch auf meiner website unter "Abessinier Special" und "CFA-Jahrbücher", teils mit Inhaltsbeschreibungen, Abbildungen sowie möglichen Bezugsquellen.

Geschichte und Herkunft der Abessinier, Kinder der Götter, Autor I.Filgraebe, Cellani Abessinier